Dass hier vor einigen Jahren der riesige Preußenpark entstehen sollte, wissen vielleicht noch die meisten. Doch wer erinnert sich an die Überlegungen für einen eigenen Autobahnanschluss Berg Fidel/Vennheide? Oder an den Wirbel nach dem Bau von so genannten „Schlichtwohnungen“ für Obdachlose in den 1970er Jahren? Diese 36 Wohnungen südlich der Trautmannsdorffstraße kamen zu ihrem Namen, weil die Stadt Münster damals „als erzieherische Maßnahme“ auf den Einbau einer zentralen Heizungs- und Warmwasserversorgung verzichtete.
Schlichte Öfen
Die Bewohner mussten sich stattdessen schlichte Einzelöfen beschaffen, verheizten darin aber schon bald auch die Treppengeländer der Übergangswohnanlage. Soziale Entwicklung Aus Kostengründen enthält die 37-seitige DIN-A4-Broschüre mit dem Titel „40 Jahre Berg Fidel und seine Nachbarschaft – soziale Entwicklung und städtebauliche Entstehung“, die in einer Auflage von 150 Stück erschienen ist, zwar keine Farbbilder, sondern ist in schlichtem Schwarz-Weiß gehalten.
Dennoch zeigen die Texte, Karten und Fotos, wie bunt der Stadtteil ist. Los geht’s mit Geschichtlichem: Der Name „Berg Fidel“ steht nicht etwa – wie heute vielfach angenommen – für Freude und Fröhlichkeit, sondern lässt nach Ansicht der Stadtteil-Chronisten zwei ganz andere Bedeutungen zu: Entweder heißt es „sicherer Berg“, oder aber man leitet Fidel von „fidelis“ (lateinisch für Treue) ab, erklären die beiden. Auf die Treue deute hin, dass der Rat der Stadt Münster dort einst den neuen Fürstbischöfen einen Treueschwur leisten musste.
"Schöne Aussicht"
Warum der Stadtteil über eine „Schöne Aussicht“ verfügt, lässt sich folgendermaßen erklären: Anfang des 18. Jahrhunderts schuf der damalige Domherr dort neben einem Herrenhaus, mehreren Fischteichen, einer Allee und einem Ziergarten auch eine „aufgeworfene bel videre“ (belvédère: französisch für Aussichtspunkt). Die Chronik befasst sich außerdem mit der Vennheide, auf der der Westfälische Reiterverein Ende des 19. Jahrhunderts eine Reitbahn anlegte.
Zu Beginn des Ersten Weltkriegs erwarb das Militär das Gelände, um dort ein Gefangenenlager zu errichten. Ab 1933 wurden dann unter Obhut des Siedlerbundes einfachste Volkswohnungen gebaut. „Ein Fehlgriff“ In ihrer Chronik gehen Poblotzki und Pollert auf den Bau mehrerer Siedlungen wie der so genannten Aachener Siedlung und der Kardinal-von-Galen-Siedlung sowie auf die Rolle Vennheides für den Stadtteil ein. Ausführlich beschreiben die Chronisten aber auch den Planungsansatz und die städtebauliche Struktur der Großsiedlung Berg Fidel, die nach dem damaligen städtebaulichen Leitbild „Urbanität durch Dichte“ geplant wurde.
Fehlgriff
Für sie „ein Fehlgriff in der Stadtentwicklung.“ Das hätte sich allerdings erst später herausgestellt. Als sich der Plan der Stadt Münster, am Berg Fidel eine AEG-Werkssiedlung zu bauen, 1963 zerschlug, hätte sich der Rat nämlich sehr kurzfristig dafür entschieden, das Gelände für den öffentlich geförderten Wohnungsbau umzuwidmen. Statt der von Architekt Jochen Kuhn entworfenen 800 Wohnungen wurden aus Kostengründen 1250 Wohneinheiten gebaut.
Auf ein eigenes Kapitel über das heimliche Wahrzeichen des Stadtteils, den so genannten „Weißen Riesen“ – das schon von weitem sichtbare weiße Hochhaus – verzichteten die Autoren. Die Chronik endet mit den drei Zukunftswerkstätten, bei denen neue Ideen zur Lösung gesellschaftlicher Probleme von den Bewohnern selbst entwickelt wurden und werden.
Fidele Chronisten: Fritz von Poblotzki (l.) und Manfred Pollert († 2023) forschten über den Berg Fidel, seine Nachbarschaft, die soziale Entwicklung und die städtebauliche Entstehung.
Foto: Christiane Schräder
Quelle: Münstersche Zeitung